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Dioxin im Futtermittel und in Eiern und meine bescheidene Meinung dazu

Um es direkt einmal vorweg zu nehmen: Ich weiss nicht, warum sich ganz Deutschland ueber ein wenig Dioxin in Eiern und in Futtermitteln so aufregt, und warum jetzt alle Welt nach schaerferen Kontrollen und mehr staatlichen Eingriffen in die sogenannte „freie Marktwirtschaft“ ruft. Ist mir vollkommen unklar.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich verurteile genau wie Sie das Vorhandensein von Giften und ganz speziell von Giften dieser Kategorie in unser aller Nahrung. Ich habe genau wie Sie ein Interesse daran, dass das was auf meinem Teller landet auch das ist, fuer was ich es halte. Auch ich moechte noch ein paar Jaehrchen gesund bleiben, und auch ich moechte, dass meine Soehne und deren Kinder noch in einer Welt leben, in der es sich lohnt zu leben und in der das Leben noch lebenswert und sicher ist.

Was mich allerdings schockiert ist dieser Aufschrei der Massen und der Medien, nur weil jemand das gemacht hat, was in unserer „freien Marktwirtschaft“ gang und gäbe ist, naemlich ein Verhalten an den ‚Tag zu legen, das anderen Menschen Schaden zufuegen kann. Was mich schockiert ist die Tatsache, dass auf einmal Millionen Menschen keine Eier mehr essen und sich auf einmal fragen, welche Lebensmittel denn ueberhaupt noch sicher sind, und was man noch bedenkenlos essen kann.

Ein wenig sind wir ja als Huehnerhalter auch davon betroffen. Haette ja sein koennen, dass auch wir dioxinverseuchtes Futter verwendet haben (zum Glueck nicht).

Ich moechte hier gar nicht auf das eingehen, was wirklich passiert ist. Ich will hier nicht darueber schreiben, wie Dioxin in die Eier gekommen ist, und ich will hier auch nicht darueber schreiben, ob wir nun mehr staatliche Lebensmittelkontrolleure, mehr Zertifizierungen, mehr Transparenz und hoehere Strafen brauchen, um mit solchen Problemen in Zukunft fertig zu werden oder sie von vorneherein auszuschliessen. Dazu reicht mein Fachwissen nicht aus, und es steht mir nicht an, diese Fragen zu diskutieren.

Worauf ich hier eingehen moechte ist ganz etwas anderes. Wir halten uns doch alle fuer muendige, aufgeklaerte Buerger in diesem „Rechtsstaat“. Ich glaube, niemanden den ich fragen koennte, wuerde zugeben, dass er nicht Herr seiner eigenen Entscheidungen ist, und dass er nicht genug ueber dieses Land und wie es funktioniert weiss oder wissen koennte. Wir leben in einem Land, in dem der Bildungsstand ein so hohes Niveau erreicht hat, dass niemand von sich behaupten kann, er haette es nicht ahnen koennen. Es ist doch nicht das erste Mal und wird auch nicht das letzte Mal sein.  Wir leben in einer Zeit, in der Information so leicht zu beschaffen ist wie nie zuvor, und in der Information auch in einer ausreichenden Menge, jedenfalls weit mehr als noch vor vielen Jahren oder in vielen anderen Laendern, zur Verfuegung steht (so man sie denn haben will).

Haben denn all diese Menschen ernstlich geglaubt, was man uns vorsetzt ist das, was wir erwarten? Haben all diese Menschen geglaubt, die Menschheit sei „edel, hilfreich und klug“?  Haben all diese Menschen geglaubt, hier ginge es nicht ums Geldverdienen, so schnell und so viel in so kurzer Zeit wie moeglich? Haben all diese Menschen geglaubt, in den Chefetagen der grossen und auch der nicht so grossen Firmen sitzen nur Heilige und Wohltaeter der Menschheit, die nichts mehr interessiert als sich durch gute Taten einen Platz in vorderster Reihe im Himmel zu sichern? Haben all diese Menschen geglaubt, es wuerde nicht jeder nehmen wo er kriegen kann? Es kann doch wirklich niemand sagen, es haette ihn ernstlich ueberrascht. Es kann doch wirklich niemand sagen, er haette so etwas nicht fuer moeglich gehalten. Man braucht sich doch bloss einmal umzusehen und wird, wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht erkennen, dass es doch nur darum geht, mehr Geld zu verdienen, mehr „Wohlstand“ anzuhaeufeln, mehr zu besitzen und dem anderen eine Nasenlaenge voraus zu sein. So funktioniert dieses Land in grossen Teilen. Ueberrascht braucht sich also wirklich niemand zu zeigen.

Was ich damit ausdrücken will, ist mein Erstaunen darueber, wie sehr jetzt alle schockiert sind und wie sehr jetzt alle aus den Wolken fallen, nur weil zum Glueck wieder einmal etwas ans Tageslicht gekommen ist, das da nicht wirklich hin sollte, obwohl es doch jeder haette ahnen koennen.

Das war der erste Punkt. Es gibt aber noch einen weiteren Punkt den ich zu bedenken geben moechte:

Was hat denn diese Firma oder dieser Mensch gemacht, der auf die grandiose Idee kam, ein Abfallprodukt aus der Biodieselproduktion ins Futtermittel zu mischen (mal abgesehen davon wie scheinheilig es ist, Dioxin als Abfallprodukt zu produzieren und zu tolerieren, nur damit wir uns auf die Heckklappe unserer Autos den Aufkleber „Ich fahre mit Biodiesel“ kleben, um dann beruhigten Gewissens aufs Gas treten zu koennen)? Er hat versucht, Geld zu sparen um mehr Geld zu verdienen. Das tun wir doch alle. Der einzige Unterschied zwischen ihm und mir (und auch allen anderen) ist der, dass er an einem anderen, vielleicht etwas laengeren Hebel gesessen hat und beim Bedienen ein wenig ueber die Straenge geschlagen hat.

Schauen wir uns doch mal in der Gesellschaft um. Da koennen wir doch schon ganz klein bei dem anfangen, der seine Zigarettenkippe achtlos auf die Strasse wirft, wohlwissentlich, dass damit fuer die Allgemeinheit Kosten entstehen. Da gibt es welche, die wider besseren Wissens mit dem Handy am Ohr ueber die Autobahn brettern. Da gibt es Menschen, die ihre Papiertuete mit Burgerverpackungen mit besonderer Vorliebe aus dem fahrenden Autofenster werfen und uns alle mit einer huebsch geschmueckten Landschaft begluecken, wohlwissentlich dass es unser aller Geld kostet, dies wieder einzusammeln. Da gibt es welche, die besseren Wissens und gegen das Gesetz  in den vergangenen Wochen eimerweise Streusalz vor ihrem Haus gestreut haben, anstatt mit Splitt oder einem Besen zu arbeiten. Da gibt es welche, die am Bahnuebergang minutenlang ihr Auto laufen lassen, wohlwissentlich dass wieder ein paar Liter CO2 Gas haetten vermieden werden koennen. Da gibt es welche, die ihre Karre im Hof waschen und damit Oel und andere Schadstoffe ins Abwasser gelangen lassen, wohlwissentlich dass eine Waschanlage das wesentlich umweltvertraeglicher machen kann. Da gibt es welche, die im Supermarkt fast mehr Verpackung mit nach Hause nehmen als Inhalt, wohlwissentlich dass all dieses Plastik unter grossen Umweltbelastungen produziert wurde und noch in tausend Jahren langsam auf der Deponie vor sich hin verrottet. Da gibt es welche, die mit 80 Sachen an Schulen vorbeibrettern, wohlwissentlich dass jederzeit ein Kind auf die Strasse springen kann.

Schauen wir uns doch einmal in der Gesellschaft um. Da gibt es welche, die uns allen ernstes die Atomkraft als sichere und zukunftsweisende Energiequelle verkaufen wollen, wohlwissentlich dass die Abfallprodukte noch in tausenden von Jahren uns mit ihren Strahlen belasten. Da gibt es welche, die immer noch mehr und groessere PS Boliden bauen, die nicht unbedingt gut fuer unser aller Umwelt sind und die in einer Woche so viel Energie verbrauchen wie ein afrikanisches Dschungeldorf in einem ganzen Jahr, wohlwissentlich dass das Auto einer der Hauptverursacher von Treibhausgasen ist. Da gibt es welche, die in tausenden von Metern Meerestiefe nach Oel bohren, wohlwissentlich dass diese Technik im Falle einer Panne dazu fuehrt, dass ganze Meeresregionen nachhaltig gestoert oder zerstoert werden. Da gibt es welche, die besoffen am Steuer eines Supertankers stehen und diesen dann auf Grund setzen, wohlwissentlich dass Oel in arktischen Gewaessern nichts zu suchen hat. Da gibt es welche, die uns einreden wollen, tausende von Euros Schulden pro Kopf der Gesellschaft waeren nur kleine Broetchen, wohlwissentlich dass noch unsere Enkel und Urenkel diese Schulden auf ihren Schultern zu tragen haben.

Wieviele Beispiele soll ich noch nennen?

Recht oder Unrecht, richtig oder falsch definiert sich darueber, wie viele Menschen es fuer Recht oder Unrecht halten und wie sehr es uns unmittelbar betrifft. Von dioxinverseuchten Eiern sind wir unmittelbar betroffen, und dementsprechend gross ist der Aufschrei. Vom Streusalz im Grundwasser sind wir bei weitem nicht so unmittelbar betroffen als dass wir eine direkte Verbindung zu uns und unserem Leben herstellen und daraus einen Schaden fuer uns ableiten koennen. Und auch der neue Gelaendewagen vor der Tuer ist „doch nur einer von vielen“, und eine direkte Verbindung zu unserem Leben und einer direkten Gefahr sind wir dadurch vermeintlich nicht ausgesetzt.

Wird es dadurch aber vertretbarer? Profitieren nur wenige, wie im aktuellen Dioxinskandal mit, zugegeben einer gehoerigen Portion kriminellem und menschenverachtendem Ehrgeiz,  schreckt Gott und die Welt auf und ruft nach mehr Kontrollen und haerteren Strafen. Nutzt falsches Verhalten den Menschen, ist der Aufschrei schon kaum mehr zu hoeren. Wieviele von denen, die jetzt keine Eier mehr essen, haben sich denn in den vergangenen Jahren ein neues Auto zugelegt (sie haetten ja auch Bus und Bahn fahren koennen) und dabei auch noch eine Abwrackpraemie eingestrichen? Wieviele von denen die jetzt keine Eier mehr essen, kaufen ihre Wurst abgepackt in Plastikverpackungen (voller Weichmacher), und wieviele von denen, die jetzt verdattert dastehen und sich fragen, wie so etwas passieren kann, waren heute noch tanken oder pflanzen ihre Balkongeranien in Blumenerde, die zu einem grossen Teil aus Hochmoortorf besteht? Wieviele von denen, die jetzt keine Eier mehr essen, sind noch nie zu schnell gefahren oder haben Muell unsachgemaess entsorgt? Wieviele von denen, die sich jetzt entruesten, kaufen ihre Lebensmittel beim Discounter um Geld zu sparen und verdraengen dabei nur, dass dieses „BILLIG“ ja auch irgendwo herkommen muss.

All jene, die jetzt vor Entruestung keine Eier mehr essen, sind doch Teil des Ganzen und damit fuer solche Skandale mitverantwortlich. Ihr Handeln und ihr Wunsch nach immer billigeren Nahrungsmitteln, nach immer billigeren Konsumguetern und nach einem immer komfortableren Leben leistet doch einen erheblichen Beitrag zu solchen Skandalen.

Irgend jemand ist immer der Dumme. Entweder es sind die Naeherinnen in indischen Textilfabriken, die fuer einen Hungerlohn schuften muessen um ihr Dasein zu fristen, weil wir im Textildiscounter um die Ecke ein T-Shirt fuer 99 Cent kaufen wollen, am besten noch aus reiner Oeko – Baumwolle und mit natuerlichen Farben gefaerbt. Oder aber es sind chinesische Wanderarbeiter die heute nicht wissen wie sie morgen ihr Essen bezahlen sollen, nur damit wir unseren Kindern containerweise billigsten chinesischen Plastikramsch unter den Weihnachtsbaum legen koennen. Entweder es sind Kinderarbeiter auf afrikanischen Kakaoplantagen die ausgebeutet und missbraucht werden, damit bei uns im Discounter die Dose Kakao fuer einen Appel und ein Ei zu haben sind. Oder aber es sind Millionen Seevoegel in fernen Laendern, die qualvoll unter einer dicken Schicht von Rohoel eingehen, nur damit wir weiterhin mit 180 Kilometern in der Stunde ueber die Autobahn rasen koennen.

Diesmal hat es ungluecklicherweise einmal uns selbst getroffen und nicht irgendwen, den wir nicht kennen und dessen Lebensumstaende die grosse Masse der Bevoelkerung auch nicht wirklich genauer interessieren. Da ist die Entruestung gross. Denn darueber nachzudenken wer der Dumme ist, wenn wir wieder einen Vorteil in unserem Leben sehen, erfordert den Willen dazu und auch den Willen, Einbussen fuer uns selbst in Kauf zu nehmen. Und wer will das schon.

Nuetzt es uns, druecken wir mal schnell ein Auge zu. Sehen wir einen Vorteil darin, fuer uns alle oder uns persoenlich, dann ist falsches und schaedigendes Verhalten akzeptabel. Es soll doch bitte niemand sagen, er haette es nicht geahnt. So tickt der Mensch und so funktioniert unsere Gesellschaft.

Jeder von uns, und dabei nehme ich mich nicht aus, sitzt an einem Hebel. Und dieser Hebel wird betaetigt wenn es uns Geld oder einen Vorteil bringt, wenn es uns eine Annehmlichkeit oder eine Erleichterung bringt. Die Frage ist nur, wie lang dieser Hebel ist und wieviel Schaden wir damit anrichten koennen. Es macht nur einen kleinen Unterschied, ob das Dioxin in unserer Umwelt aus den Schloten der Muellverbrennungsanlagen stammt, in denen all unser taeglicher Muell entsorgt wird (von dem vieles ueberfluessig ist) oder aus dem Feuer hinten im Garten, in dem so mancher wieder einmal seinen uebers Jahr angefallenen Muell entsorgt, weil er ein paar Euro Entsorgungskosten sparen will. Es macht nur einen kleinen Unterschied, ob jemand mit dem Handy telefonierend ueber die Autobahn brettert oder durch zu schnelles Fahren ein Kind in Gefahr bringt oder aber durch Gewinnstreben ganze Gesellschaften einem Risiko aussetzt.

Bin ich deswegen nicht zu verurteilen, nur weil mein eigenes Verhalten nicht Tausende in Gefahr bringt, sondern vielleicht nur einen einzigen? Ich moechte hier nichts schoenreden oder entschuldigen. Ich bezweifle aber, dass andere in gleicher Position und unter gleichen Umstaenden nicht genau so gehandelt haetten, wie die immer wiederkehrenden Umwelt- und Lebensmittelskandale eindringlich aufzeigen. Wir tun es doch im Kleinen  jeden Tag. Gelegenheit macht Diebe.

 Alleine die Akzeptanz der Menschen und der Blickwinkel sind unterschiedlich. Unrecht an uns, anderen oder zukuenftigen Generationen wird nicht dadurch legitimiert, weil es alle anderen auch so machen oder weil schon nichts passieren wird. Am Dioxin in Eiern ist auch noch niemand gestorben. Es ist nur eine Frage des Blickwinkels. Schaden bleibt Schaden, so oder so.

Anstatt jetzt den Entruesteten zu spielen, sollte vielleicht der ein oder andere auch mal vor seiner eigenen Haustuer kehren.

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2 Antworten

  1. Ich bin trotz allem entrüstete, auch wenn ich weiß, dass die Misere hausgemacht ist. Es ist das eine, Lebensmittel zu verkaufen die den Namen nicht mehr verdienen , es ist jedoch etwas anderes diesen sog. Lebensmitteln wissentlich Gift beizumischen. Unsere Gesellschaft verroht zusehens, was sich in der „Unterschicht“ in Gewaltausbrüchen manifestiert, zeigt sich in der „Oberschicht“ durch zügelloses und ungehemmtes „Geschäftsdenken“.

    1. Hallo Ingo

      Wohl wahr, unsere Gesellschaft verroht zusehends (War der Mensch aber jemals, wie ich geschrieben habe, edel hilfreich und Klug?). Stellt sich die Frage, ob dieser Trend noch umzukehren ist. Da melde ich Zweifel an.

      Erstaunlich uebrigens dass der Dioxin Skandal unter den Gartenblogs so gut wie keinen Wiederhall gefunden hat. Ihr seid da die Ausnahme.

      Gruss RR

      Auf der anderen Seite koennte man aber auch meinen, wir leben in einer noch nie dagewesenen gegenseitigen Ruecksichtnahme.

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