Was macht so ein „Moechtegern-Selbstversorger“, wenn er schon so seine Arbeit nicht geschafft bekommt? Klar, er halst sich noch mehr Arbeit auf. Und wenn schon, dann auch richtig viel. Waere ja unverzeihlich, wenn auch nur eine einzige Minute freier Zeit am Ende des Tages uebrig bliebe, die nicht mit Tiere versorgen, mit Garten, mit Ernte, mit Rasenschneiden oder sonstigen Arbeiten ausgefuellt waere. Man koennte ja glatt auf den Gedanken kommen, so ein „Moechtegern-Selbstversorgerleben“ waere eines, in dem die gebratenen Tauben geflogen kaemen. Deswegen, je mehr Arbeit, umso besser. 🙂
Eine einzige Unachtsamkeit hat gereicht. Nachwuchs auf dem Weg.
Manchmal kommt die Arbeit aber auch, ohne dass man sie wirklich gewollt hat. Manchmal kommt sie so unverhofft und unausweichlich, ohne dass man auch nur die geringste Moeglichkeit gehabt haette, etwas dagegen zu tun. So ist es uns naemlich mit unseren Kaninchen ergangen.
Der aufmerksame Leser wird sich erinnern, vor einiger Zeit haben wir die ersten Kaninchen schlachten lassen, der zweite Wurf hoppelt gesellig durch den Stall und ein weiterer Wurf, den wir eigentlich nicht wollten, war auf dem Weg. Die Schwangerschaft der Haesin ist problemlos gewesen. Einige Tage vor der Geburt haben wir die Kaninchen aus dem vorherigen Wurf von ihr getrennt, so dass sie sich voll und ganz auf den neuen Nachwuchs konzentrieren konnte. So hatten wir vor kurzem 10 weitere winzig kleine Kaninchen im Nest liegen. Alles sah blendend aus. Die Kleinen machten sich gut.
Wie wir zu Kanincheneltern wurden.
Drei Tage nach dem Wurf mussten wir aber feststellen, dass es der Haesin irgendwie nicht besonders gut ging. Sie sass teilnahmslos an einer Wand des Stalls und liess sich ohne Murren steicheln, was sonst nie der Fall war. Das kam uns „spanisch vor“. Ich bin mit dem Tier zum Tierarzt. Ultraschall, Infusion, Antibiotika bekommen, einunddreissig Euro dagelassen. Diagnose: Irgendwelche Knoetchen an der Gebaermutter. Vielleicht ein Jungtier, das nicht geboren wurde. Genaueres liess sich nicht feststellen.
20 Minuten spaeter, als ich wieder zuhause war, lag sie tot im Kofferraum. Keine erfreuchliche Situation. 10 winzig kleine Kaninchen im Stall, kein Muttertier und keinen Mumm, die Sache schnell und ohne viel Schmerzen zu beenden. So haben wir angefangen, die Kleinen mit Katzenmilch per Spritze aufzupaeppeln. Und das ist gar nicht so einfach.
Ganz schoen viel Arbeit die Kleinen zu fuettern.
Man glaubt gar nicht, wie viele Seiten es im Internet gibt, auf denen beschrieben ist, wie Kaninchen mit der Spritze grossgezogen werden koennen (wesentlich mehr als es Seiten ueber das Schlachten von Kaninchen gibt 🙂 ). Fangen wir mal der Reihe nach an, was dazu noetig ist und wie man es anstellt.
Was man braucht um Kaninchen mit von Hand aufzuziehen.
Wie wird´s gemacht.
Zuerst wird der Tee bereitet. Fencheltee soll gut sein gegen Blähungen – wie bei Menschenbabies. Die Katzenmilch in Pulverform wird im Verhaeltnis 1 zu 2 mit dem Tee vermischt und gut eingeruehrt, so dass keine Kluempchen mehr vorhanden sind. Die Ersatzmilch wird nun auf ca. 38 Grad Celsius heruntergekuehlt oder aufgewaermt, um ungefaehr die Temperatur der Muttermilch zu haben. Den kleinen Kaninchen wird nun mit der Spritze so lange Milch verabreicht, bis sie nicht mehr wollen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Milch in die Nasenoeffnungen geraet. Gelangt die Milch in die Nase, kann es zu einer Lungenentzuendung kommen, die die Kleinen nicht ueberleben. Also, immer gut die Schnauze abwischen. Eventuelle Milchreste am Fell sollten gut mit Wasser abgewaschen werden, und das Fell danach wieder abgetrocknet werden. Milchreste im Fell koennen sich ebenfalls entzuenden.
Ich muss zugeben, die richtige Menge Milch zu finden ist nicht so einfach gewesen. Wir haben Kaninchen darunter, die schon nach einer Woche 10 Milliliter Milch genommen haben, und immer noch nicht satt waren. Andere mussten wir mit „sanfter Gewalt dazu ueberreden“, ueberhaupt einen Tropfen zu sich zu nehmen.
Eine wichtige Aufgabe fuer jede angehende Kaninchenmutter (oder Vater) ist das Massieren des Bauches nach der Mahlzeit. Die Haesin muss das wohl in der Natur auch machen, indem sie den Kleinen den Bauch leckt. Aber jetzt kommt das Wichtigste. Diese Prozedur sollte alle vier Stunden wiederholt werden. Echte Muttermilch der Haesin, die in der Natur nur ein, maximal zweimal am Tag saeugt, ist gehaltvoller als die Katzenmilch. Deshalb sollte wesentlich oefter gefuettert werden.
Und was ist der Erfolg dieser Methode?
Wir haben mit dem Ende des dritten Tages mit dem Fuettern begonnen. Die kleinen Kaninchen brachten im Schnitt so um die 50 Gramm auf die Waage. Das ist wirklich nicht viel. Kaum Fell, die Augen noch geschlossen, winzige zappelnde Buendel Lebewesen. Grosse Hoffnungen sollte man sich allerdings nicht machen. Uns sind in einer Woche vier der Kaninchen eingegangen. Zwei fanden wir nur noch flach atmend im Kaefig, der in der Kueche steht. Zwei weitere lagen eines Morgens tot zwischen den anderen. Eine Todesursache war nicht festzustellen. Wir nehmen mal an, den Kleinen ist doch, trotz aller Vorsicht, Milch in die Nase und in die Lunge geraten (nach Abschluss der Dreharbeiten ist noch eines verstorben) Damit bleiben uns noch 5 Kaninchen, die mittlerweile schon Gewichte um die 130 Gramm erreicht haben, und das in gerade mal 10 Tagen. Wobei grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Tieren zu erkennen sind. Einige zeigen einen erstaunlichen Lebenswillen, saugen die Spritze fast ohne Hilfe leer, waehrend anderen nur mit Muehe ein Tropfen zu verabreichen ist.
Auf eine Waermelampe haben wir verzichtet. Sehe ich auch nicht ein. Die Natur stellt auch keine Waermelampe zur Verfuegung und im Stall herrschen auch Aussentemperaturen. Man kann es auch uebertreiben.
Ich muss allerdings fairerweise dazusagen, die Erfolgsquote duerfte nicht allzu hoch sein. Sowohl im Internet, als auch unter Freunden und Bekannten, die schon aehnliche Probleme mit ihren Schmusekaninchen hatten, war zu hoeren, dass die meisten Kaninchen doch irgendwann eingehen. Spaetestens dann, wenn man sie, nach 4 bis 5 Wochen langsam entwoehnen und auf normale Kost umstellen muss, wenn sie es bis dahin ueberlebt haben, gehen viele ein.
Auch ich habe nicht viel Hoffnung, diese 5 verbliebenen Kaninchen gross zu kriegen. Wir fuettern zwar nicht alle 4 Stunden, (wir haben auch noch ein eigenes Leben und zwei eigene Kinder), sondern alle 6 Stunden, geben uns aber alle Muehe. Die Kaninchen stehen warm in der Kueche, bekommen so viel Milch wie sie wollen, und wir streicheln auch jedes Mal den Bauch (Was tut man nicht alles 🙂 ).
Nachbemerkung
Ach so, bevor ich wieder niedergemacht werde, ich habe den Tierarzt gefragt, ob vier Wuerfe in einem Jahr fuer ein Kaninchen zu viel sind, und ob wir uns deswegen Vorwuerfe machen sollten. Die Antwort war klar. Vier Wuerfe waeren zwar viele, liegen aber durchaus noch im Rahmen.
Wer noch mehr wissen/lesen möchte: www.bunnyhilfe.de/aufzucht/kaninchenbabies.php oder http://www.diebrain.de/k-handaufzucht.html
5 Antworten
Hallo Ralf,
Hundewelpen bspw. fuettert man, indem man sie auf den Bauch legt, dadurch wird das Risiko minimiert, dass man mit der Spritze (wenn sie mal leicht klemmt) Milch in die Luftwege „schiesst“. Das ist auch die uebliche Saughaltung bei den Tierbabies, die ich bisher gesehen habe. Durch die Bewegung beim Saugen reibt auch der Bauch des Babies auf dem Untergrund, was zusaetzlich die Verdauung bzw. Kot- und Harnabsatz stimuliert.
Ich wuensche dir viel Glueck und gutes Gelingen!
Bea
Hallo Bea
Klingt logisch. Wir haben aber im Internet auch anderslautende Informationen gefunden, in denen es hiess, die Tiere sollte man auf den Ruecken drehen. Jetzt, wo die was groesser sind geht das auf dem Bauch von ganz alleine. Wie die aber so winzig waren, ob das funktioniert haette, wage ich zu bezweifeln.
Gruss RR