Ich weiss nicht, ob ich jemals darueber geschrieben habe, womit wir unser Geld bis zu unserem Umzug aufs Land verdient haben. Ist auch wurscht. Wir waren fuer die Leitung eines 80 Zimmer Hotels verantwortlich. Das machen wir nun nicht mehr. Jetzt, wo wir etwas Abstand gewonnen haben und die Zeit im Hotel langsam in die Ferne rueckt, kann ich mir schon mal Gedanken darueber machen, was wir so alles erlebt haben. Und da hat es schon eine ganze Reihe von Begebenheiten gegeben, die mich teils einfach nur zum Kopfschuetteln bringen, teils schmunzeln lassen, teils wuetend werden und teils einfach nur den Glauben an die Menschheit verlieren lassen. In den 10 Jahren haben wir viele Menschen gesehen, viele Nationalitaeten und Charaktere kennengelernt, und nicht alle davon gehoeren zu den Menschen, mit denen ich abends ein Bier trinken moechte.
In loser Folge werde ich also ab und an mal ein paar Begebenheiten aus unserem Hotelleben veroeffentlichen. Gerade jetzt im Winter, wo unser Garten immer noch ein Traum ist, bleibt sicher ab und an mal Zeit dafuer.
Anfangen moechte ich mit einer lustigen Geschichte vor einigen Jahren.
Wir hatten eine chinesische Austauschstudentengruppe zu Gast. Duerften so um die 20 Personen gewesen sein, die darauf warteten, dass ihre Studentenwohnungen leer wurden, in denen noch die Studenten aus dem letzten Jahr wohnten. Ich bin sicher, die allermeisten jungen Chinesen in dieser Gruppe hatten vorher noch nie ein anderes Land besucht. Deutschland als erstes Land auf der Welt. China ist schon ziemlich weit weg, und die Sitten und Gebraeuche unterscheiden sich doch erheblich von den unsrigen.
So auch in Ernaehrungsdingen. Die Gruppe hatte ihren Aufenthalt mit Fruehstueck gebucht. In der „Ein- Sterne-Kategorie“ ist nicht damit zu rechnen, beim Fruehstueck Nudelsuppe vorzufinden. Viele der Studenten hatten ihre Instantnudelsuppenbecher mitgebracht. Von dem Brot und den Broetchen haben sie kaum eines zu sich genommen. Einer aber wagte es doch, ein Broetchen zu essen.
Jetzt schien dieser chinesische Student nicht so recht zu wissen, was man denn mit so einem Broetchen anfangen sollte. Ich habe seinen fragenden Blick gesehen und ihm dann erklaert, wie man mit so einem Brotechen umgeht. Ich kann zwar in einem guten Dutzend Sprachen ein Bier bestellen, aber mein Chinesisch ist aeusserst begrenzt und genauso begrenzt war sein Englisch und noch weniger vorhanden sein Deutsch. Aber mit ein wenig Muehe und Gestik habe ich es doch geschafft, ihm zu erklaeren, dass so ein Broetchen zuerst halbiert wird, dann in der Regel mit Butter bestrichen und mit einem Brotbelag garniert wird. Das schien er verstanden zu haben.
Der Chinese war gluecklich, ich war gluecklich, einem Menschen aus seiner Misere herausgeholfen zu haben. So hatte ich wenigstens gedacht. Ich habe mich wieder um andere Dinge gekuemmert, und den jungen Mann eine Zeit lang nicht beobachten koennen. Als ich dann aber wieder einen Blick auf ihn werfen konnte, habe ich mir dann doch kurz ueberlegt, ob meine Erklaerungen so wie ich sie gegeben habe, treffend waren.
Was hat der Chinese gemacht? Er hat, wie ich erklaert habe, sein Broetchen in zwei Haelften geteilt. Allerdings nicht waagerecht sondern senkrecht. Das haette man ja noch verstehen koennen. Aber das war noch nicht alles. Die Butter hatte er aussen auf das Broetchen geschmiert, darauf Schmelzkäse und darueber die Nutella, ebenfalls aussen drauf.
Was soll ich dazu sagen. Es hatte schon eine gewisse Komik, diesen jungen Mann da sitzen zu sehen, mit einem falsch halbierten von aussen mit Butter, Käse und Nutella bestrichenem Broetchen. Ich habs ihm noch mal genau erklaert. Ich glaube aber, er hat nie wieder ein Broetchen gegessen. Er hat wohl, wie die anderen der Gruppe auch, seine Nudelsuppe am Morgen geschluerft.
Guten Appetit!
2 Antworten
@Ines, das passierte auch schon vor über dreißig Jahren als ich in Hannover studierte, den ausländischen Studenten wurde beispielsweise von dieser Organisation der Weg zur Hochschule geebnet, indem sie zunächst die Sprache lernten: http://www.cdc.de/
Wenn ich mit Stäbchen esse, sehe ich ebenfalls so unbeholfen aus, wie ein chinesischerStudent mit Nutellabrötchen 😉
Bin gespannt, was Du sonst noch zu erzählen hast, Herr admin!!
LG
Sisah
Andere Länder, andere Sitten – lach!
Immerhin hat er sich ja für die Sitten in seinen Gastland interessiert.
Was mir aber absolut schleierhaft ist – und vermutlich auch bleiben wird:
Was machen chinesische Austauschstudenten in Aachen, wenn sie kein Deutsch verstehen? Aber vielleicht übernehmen die ja von ihren Vorgängern nicht nur die Wohnung, sondern auch einen Simultanübersetzer? Oder müssen die Profs jetzt in chinesisch dozieren?
Ganz schön seltsam das Ganze!