Ich glaube, ich muss mich als Imker endlich emanzipieren. Ich muss mich von all den Lehrbuechern, die ich gelesen habe, von all den Informationen, die ich so bekomme, von all den Ratschlaegen und Kommentaren emanzipieren. Das heisst nicht, dass ich sie vergessen sollte und auch nicht, dass ich keine weiteren Informationen mehr benoetige. Nein, was ich damit sagen will ist, dass ich meine Imkerei meinem Lebensstil und meinen Lebensumstaenden anpassen sollte.
Was will der denn jetzt wieder damit sagen, fragen Sie sich vielleicht
Ich will es Ihnen erklaeren. Kaum ein anderes Thema, zu dem bei mir mehr gut gemeinte Ratschlaege eingehen, als zum Thema Imkerei. (Allerhoechstens noch zu den Kaninchen 🙂 ) Ich habe mittlerweile bestimmt mehr Informationen aufgeschnappt, als die meisten Imker in ihrem gesamten Imkerleben bekommen werden. Wenn auch nicht alles in meinem Hirn immer abrufbereit ist. Aber das ist ein anderes Thema. 🙂 Und selbst das Wissen, was mir noch fehlt, laesst sich sehr schnell aus dem Internet besorgen. All diese Informationen haben allerdings einen Haken. Sie spiegeln NICHT eine einzige wahre Imkerei wieder, sondern sind ein Sammelsurium von Fachwissen, Gewissheiten, Erfahrungen, Halbwissen und Vermutungen all derer, die sie mir gegeben haben. Ich bin auch sicher, diejenigen, die sie mir gegeben haben, fahren gut damit. Sonst wuerden sie sie ja nicht geben. Ob sie allerdings uebertragbar sind, steht auf einem anderen Blatt.
Jeder hat seinen eigenen persoenlichen Grund zu imkern
Die meisten Imker, davon gehe ich einmal aus, haben die Imkerei zu IHREM Steckenpferd erkoren. Darin gehen sie auf, damit und dafuer leben sie. Ist auch gut so. Allerdings lebt nicht jeder Mensch gleich. Der eine ist Rentner und hat die Zeit, sich mit seinen Bienen eingehend zu befassen. Der andere ist berufstaetig, hat aber eine verstaendnisvolle Frau, die ihm jeden Sonntag Nachmittag freien Lauf laesst, um sich der Imkerei zu widmen. Wieder andere sehen das Ziel ihrer Imkerei im Beitrag zum Naturschutz und weniger in der Honigproduktion. Und dann gibt es wieder andere, die damit wirklich Geld verdienen wollen. Es gibt mindestens so viele Gruende Bienen zu halten, wie es Bienenhalter gibt.
All diese Imker haben ihre imkerliche Praxis auf ihren Lebensstil und ihre Ziele ausgerichtet. Und ich, was habe ich bisher gemacht? Um ueberhaupt einmal in das Thema hinein zu kommen, habe ich die Lehre von Herrn Liebig als meine Imkerbibel gesehen (das kann ich jedem uebrigens nur empfehlen, sich als Anfaenger nicht in Experimente zu stuerzen). Das war auch nicht falsch. Dadurch lernt man erst einmal das grundlegende Wissen, welches unabdingbar ist.
Meine Ziele
Ich merke aber auch, dass ich an einen Punkt komme, an dem ich mich entscheiden muss, was meine imkerlichen Ziele sind. Natuerlich haette auch ich gerne 30 Kilo Fruehjahrshonig pro Volk ernten wollen. Wer haette sich darueber nicht gefreut? Ich bin aber auch nicht besonders traurig, dass es nur 40 Kilo bei fuenf Voelkern geworden sind. 40 Kilo Honig, und ich kann Ihnen sagen, es gibt keinen besseren auf der Welt, reichen fuer uns immer noch locker aus. Da fallen auch noch ein paar Glaeser fuer die Verwandtschaft ab.
Was will ich denn mehr?
Mein Ziel ist es nicht, mit Honig Geld zu verdienen. Mein Ziel ist es nicht, Profiimker zu werden. Mein Ziel ist es nicht, in die Tiefen der Koeniginnenzucht einzusteigen und auch nicht, mich mit Themen wie „resistant bees“ zu befassen. (Das ist meiner Meinung nach etwas fuer diejenigen, die sich der Imkerei viel intensiver verschrieben haben als ich, was nicht heisst, dass ich Versuche in dieser Richtung ablehne). Ich will auch keine Skorpione in meinen Beuten einbuergern oder sonst irgendetwas tun, was ueber das stinknormale Hobbyimkern hinausgeht. Sollten einmal Vorgehensweisen erprobt und bewaehrt sein, dann kann ich sie gerne in meine Ueberlegungen mit einbeziehen. Aber bis es so weit ist, halte ich mich da raus.
Was ich gerne haette,
sind einige Kilo Honig, (es koennen auch ruhig ein paar mehr sein 🙂 ), um mir meinen Tee zu versuessen und meine Familie gluecklich zu machen. Mehr aber auch nicht. Wenn ich dieses Ziel dann noch mit etwas weniger Aufwand als bisher erreiche, dann habe ich mein imkerliches Ziel erreicht.
Mein Thema ist Selbstversorgung, mein Thema ist, einen Weg zu finden, so viele Kalorien auf unserem kleinen Stueckchen Land zu erzeugen, dass wir theoretisch davon leben koennten. (Mehr dazu in diesem Artikel) Dieses Ziel umfasst viel mehr als nur Bienenhaltung. Sie hat daran nur einen kleinen Anteil.
Ich schrieb, ich sollte meine Imkerei meinem Lebensstil anpassen. Hausmann mit zwei Kindern, riesigem Garten, vielen anderen Tieren, einer Frau und einer Familie, die auch ihren Teil meiner Zeit mit Recht beansprucht. Nicht zu vergessen, einer Internetseite und einem Youtubekanal, von dessen Arbeitspensum, welches dahinter steckt, wohl nur die Wenigsten nicht mal einen blassen Schimmer haben. Jedenfalls nicht die, die sie sich ansehen und mich dann niedermachen. 🙂
Mein Weg
Und genau das werde ich tun. Ich werde nicht mehr stur versuchen, mich an Lehrbuecher zu halten. Ich werde nicht mehr versuchen, alles richtig zu machen, zumal es ja ueberhaupt kein Richtig oder Falsch gibt. Ich werde mich in Zukunft viel mehr von meiner Intuition leiten lassen, AUCH AUF DIE GEFAHR HIN, FEHLER ZU MACHEN. Grundsaetzliche Vorgehensweisen werde ich einhalten, den Rest aber werde ich viel lockerer als bisher sehen. Ich werde weiterhin versuchen, meine Voelker daran zu hindern abzuschwaermen, ich werde auch alternative Methoden versuchen, ich werde mir aber auch keinen Kopf mehr zerbrechen, wenn sie schwaermen. Und wenn ich nicht jeden Schwarm einfangen kann, dann soll es eben so sein. Wenn mir mal ein Volk eingeht oder ich eines aufloesen muss, dann nehme ich’s nicht persoenlich, und wenn ich wieder mal einen Ableger mache und keine Stifte mit hinein haenge, dann geht meine Welt auch nicht unter. Uebrigens auch nicht die der Bienen.
Wichtig ist, dass die Sache Spass macht
Wichtig ist, dass mein Honig ein Strahlen in die Augen meiner Familie zaubert, wichtig ist, dass meine Kinder mit und in der Natur gross werden. Wichtig ist, dass meine Kinder eine gesunde Einstellung zum Leben mit auf den Weg bekommen. Meine Kinder haben schon in einem Alter Schwaerme eingefangen, in dem sie in anderen Familien noch vor jeder Fliege beschuetzt werden. Wichtig ist, dass wir damit zufrieden sind. Jeder mag darueber denken was er mag.
Auch noch so viel Honig, auch noch so viel Wissen, auch noch so fehlerloses Imkern kann meinen Tee nicht suesser machen und die Augen meiner Familie mehr strahlen lassen.
7 Antworten
Hallo Ralf,
so ist es mit der Theorie und der Praxis. Und wenn Du nur ein bisschen Honig für Deinen Tee und zur Freude Deiner Familie haben willst, dann brauchst Du eigentlich auch keine fünf Völker.
Mit überzähligen Schwärmen kann man auch etwas Geld verdienen, in dem man sie nicht abschwärmen lässt sondern einfängt und bei der Schwarmbörse im Netz anbietet.
Hier der Link: http://www.schwarmboerse.de/
Ich habe dieses Jahr nur ein kleines Volk, null Honig. Nächstes Jahr hoffe ich endlich auf Honig.
Herzlich Malve
Glückwunsch – diese Erkenntnis sollten mehr Imker bekommen und das Selbstbewusstsein, dazu zu stehen. Solange verantwortungsbewusst mit den Tieren umgegangen wird, ist jeder Weg hinter dem Du stehst der richtige.
Weiter so… ich werde weiterhin mit Vergnügen und eigenen Aha-Erlebnissen Deine Filme und den Blog verfolgen
Hi
wenn man die Imkerei professionell und (fast)hauptberuflich macht kann man evtl. auf das Traumergebnis kommen aber Ottonormal Imker eher nicht!
Sehr schade das es keine Videos mehr über die Enten/Hühner und die Gänse gibt!
LG
Uschl
Nach dem Studium deiner Zeilen frage ich mich erneut warum du nicht bei der Bienenkiste bleibst? Ein paar Bienenkistenvölker bringen dir die Menge Honig die du haben möchtest/brauchst und was du alleine an „sinnloser“ Schwarverhinderungszeit sparst dadurch….
Ebenso brauchst du dir keine weiteren Gerätschaften anschaffen (z.B. eine Rähmchenschleuder) musst keine Rähmchen kaufen und selber zusammen nageln, keine Mittelwände einlöten und was noch so alles dazu kommt wenn man Magazinimker ist.
Auch die Arbeitszeit pro Beute/Kiste ist ja viel weniger als Beispiel nur die entfallenden wöchentlichen Durchsichten zur Schwamverhinderung.
Hallo Ralf,
also ich sehe das auch so 38 kg eigenen Biohonig, was will man mehr. Du sagst doch auch immer in deinen anderen Filmen, dass man viel anbauen bzw. produzieren kann man muss es allerdings auch verzehren können. Ich würde sagen, besser sich freuen über das was man hat, anstatt sich darüber den Kopf zu zerbrechen, über das, was man nicht hat.
LG
Dann gibt es jetzt vielleicht auch mal wieder Filme über die anderen Tiere!? Ich würde mich freuen.
Wegen dem Thema wieviel erntet wer hängt nicht zulegt davon ab was bei dir an Wetter und Tracht herscht.
Dann braucht man ne Königin die legt als gäbe es kein Morgen, Schwärme sollte man wenn möglich vermeiden (die nehmen Honig UND Arbeitsleistung eines Volkes im großen Umfang mit ). Dann müssen die Völker schon zum Ende der Winterruhe recht stark sein und die Betriebsweise den Bienen immer genug möglichkeit zum Wachsen geben.
So würde man das maximale aus einem Volk holen…
Und wie man das alles packt das hängt wieder davon ab wieviel Zeit man hat oder Investieren will, was bei einem Wächst wie das Wetter ist usw, ich denke den besten Satz den je hörte und deswegen gerne weiter gebe ist “ Kein Jahr ist wie das andre ein Imker kann nie nach Lehrbuch, Meinungen anderer oder dem Vorjahr alleine imkern er muss jedes mal wenn er an seinen Völkern steht neu entscheiden wie er vorgeht.“ Und das kommt mit der Zeit, die Erfahrung wie verhält sich das Volk wenn das mache oder wenn das gerade draussen passiert usw, genau deswegen machst du es schon richtig das auch mal selber Probierst, was passiert wenn.