Hat doch im letzten Jahr wunderbar funktioniert, meine Methode Kartoffeln zu pflanzen. 440 Kilo Ernte sprechen fuer sich. Warum also nicht bei dieser Methode bleiben? Ich hatte es im letzten Jahr zuerst mit Maschinenhilfe versucht. Hat aber nicht so hingehauen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Musste mich kurzerhand umentscheiden. Habe eine Furche gezogen, die Kartoffeln hineingelegt und dann mit dem Spaten gut 30 Zentimeter tief verbuddelt. Ich bin sicher, jeder traditionelle Hobbygaertner haette die Haende ueber dem Kopf zusammengeschlagen. Kartoffeln so tief zu verbuddeln und darauf zu hoffen, auch noch was zu ernten, einfach verwegen.
Ich selbst hatte ja auch meine Zweifel. Hat auch fast ewig gedauert, bis sie sich den Weg durch 30 Zentimeter Erdreich erkaempft hatten. Aber sie haben es, und das Ergebnis war grandios. Dann auch in diesem Jahr auf die gleiche Weise.
Aber nicht mehr mit dem Spaten!
Jetzt war das allerdings im letzten Jahr eine ziemliche Plackerei. Die ganze Schaufelei und das in meinem Alter. Ganz so extrem wollte ich es nun doch nicht noch einmal machen.
Da fiel mir ein Geraet ein, welches gut 30 Jahre als Dekoration bei meinen Eltern in der Garage hing. Ein Kartoffelhaeufler. Damit haben meine Eltern, und schon die Generation davor, Kartoffeln angehaeufelt. Das ging ungefaehr so: Mit dem Spaten ein kleines Loch in den Acker, Kartoffel rein, mit dem Aushub der zweiten Reihe die Loecher in der ersten wieder aufgefuellt und dann, wenn die Kartoffeln aus der Erde waren, wurde mit besagtem Geraet angehaeufelt. Eine Methode, wie sie hier in den Gaerten der Umgebung immer noch angewendet wird. Warum das so sein muss, ist mir zwar schleierhaft. Mir ist noch nicht aufgefallen, dass die Landwirte Kartoffeln, nachdem sie aus der Erde sind, anhaeufeln. Die werden doch direkt bei der Pflanzung in die aufgeschichteten Daemme gelegt und das war’s. Oder irre ich mich da? Mag aber sein, dass ich nur nicht genau hingesehen habe.
Aber nehmen wir mal an, die machen das so,
dann ist das ungefaehr die Variante, wie ich sie im letzten Jahr praktiziert habe. Ein wenig leichter als im letzten Jahr wollte ich es mir schon machen. Mit dem Kartoffelhaeufler eine Saatfurche gezogen, die Kartoffeln hineingelegt und dann wieder den Kartoffelhaeufler zwischen den beiden Reihen hindurch gezogen und die Furche zugeschuettet.
Das Ergebnis war nicht ganz so, wie ich es erhofft hatte. Die Arbeitsbreite von diesem Ding ist einfach zu klein. Haette ich nur damit gearbeitet, die Kartoffelreihen haetten arg nahe beieinander gelegen. Also, den Rest einfach mit der Harke aufgehaeufelt.
Hoert sich jetzt alles ziemlich kompliziert und technisch an. Ist auch kompliziert, das in Worte zu fassen. Am besten, Sie sehen sich meinen Film an, dann verstehen Sie sofort, wovon ich rede.
Die „guten alten Zeiten“
Aber was ich noch erwaehnen wollte, das Ding ist selbstgebaut. Das haben mir wenigstens meine Eltern versichert. Zwei Aluminiumbleche, ein paar Meter Wasserleitungsrohr aus Metall, ein paar Schrauben, ein wenig Stahl, alles in der eigenen Werkstatt zusammengebastelt. Nix mit kaufen, nix mit Konsum. Damals, nach dem Krieg, da wusste man sich offensichtlich noch zu helfen. Geld hatte man keines, aber Kartoffeln essen wollte man trotzdem. Ich selbst kann mich noch ganz vage daran erinnern, in meiner fruehen Kindheit dieses Ding schon mal durch die Erde gezogen zu haben, oder jedenfalls habe ich es wohl versucht.
Ganz blass, in den hintersten Windungen meiner grauen Zellen, tauchen jedenfalls Bilder auf, in denen dieser Kartoffelhaeufler zu sehen ist. Muss noch zu Grundschulzeiten gewesen sein. Damals, als Telefone noch Waehlscheiben und einen Kabel hatten, Computer noch der NASA vorbehalten waren und es keine voellig ueberfluessigen Nockenwellensensoren an Nockenwellen gab, die dazu fuehren, dass ein vollkommen intakter PKW jetzt nicht mehr durch den TÜV kommt, nur weil ein daemliches gelbes Laempchen vor dem Fahrer leuchtet. Damals, als der Klimawandel noch in eine neue Eiszeit fuehren sollte und die Baeume noch richtig „Saures“ von oben bekamen, wo jedes Jahr der „Kluettemann“ seine Ladung Eierkohlen vor’s Haus schuettete, damals, wo das Duschwasser noch in einem hohen Kessel im Bad jeden Samstag mit Palettenholz aufgeheizt werden musste und nicht durch einen Bewegungsmelder freigegeben aus der Leitung sprudelte. Und wo wir eben dieses Palettenholz mit dem Bollerwagen von der wilden Bayer-Muellkippe im kleinen Waeldchen einen halben Kilometer entfernt heran schaffen mussten.
Das muss zu der Zeit gewesen sein, als im Garten damals noch ein, mir schien es so, riesiger Birnbaum stand, in dem ich mir, jedenfalls sagen mir das meine hintersten Gehirnwindungen, ein kleines Baumhaus gebastelt hatte. Damals, als Waschmaschinen noch Holzbuetten, der Fernseher noch schwarz-weiss und die Fernbedienung noch ein daumengrosser Druckknopf und diese Kiste der Traum eines jeden Arbeiters war.
Damals, als ich mir mit der Mistgabel durch den Fuss gestochen habe, weil ich meinen Eltern bei der Kartoffelernte helfen wollte. Damals, als es noch keine Pisa Studie und kein Monsanto gab. Damals, als Gentechnik noch was mit Geschlechtsverkehr zu tun hatte und Brueste noch Brueste und keine mit Fugendichtmittel ausgestopften Gummibaelle waren. Damals, als Varroamilben noch am anderen Ende der Welt beheimatet waren, Ost noch Ost und West noch West war und jeder wusste, auf wen man schimpfen musste. Damals, als die Starfighter noch im Tiefflug uebers Dorf pfiffen, dass einem die Ohren abfielen und ich noch an den Osterhasen geglaubt habe.
Ach, ich schweife ab
Wissen Sie eigentlich, worueber ich hier schreibe? Die meisten, die das hier lesen, werden diese Zeiten ueberhaupt nicht miterlebt haben. Die meisten werden nicht den blassesten Schimmer haben, worueber ich ueberhaupt berichte. Sind doch alle neueren Baujahres.
Oder doch nicht
Die neueren Baujahre lesen das naemlich gar nicht. Die sind im Computerzeitalter gross geworden, und in diesem Zeitalter schaut man nur noch Youtube Filme. Gelesen werden allerhoechstenfalls die kryptischen SMSen, die sich den ganzen Tag und die ganze Nacht durch ein leises Bimmeln und Vibrieren im elektronischen Hirnanhang bemerkbar machen.
Zurueck zu den Kartoffeln
Ich kann die Zeit nicht aufhalten. Es wird nicht mehr lange dauern, dann schicken mit meine Kartoffeln eine SMS mit der Bitte: „Koch mich, Koch mich!“
10 Antworten
Früher habe ich auch so gearbeitet (80er-90erJahre in D und in Spanien, auf den Kanaren) , ich freue mich, dass es bei Dir klappt, auch wenn Du vieles erst mal versuchen musst, musste ich auch, viele schätzen dazu, meist Theoretiker, meist Besserwisser. Du bist der einzige im Netz, der wirklich ehrlich über die Erntergebnisse und auch Misserfolge berichtest, viele machen Vorschläge, aber es bleibt immer dabei, Ergebnise, also Ernten, Kannst Du dann warten, gibt es dann nicht.
Viel Erfolg
Ramiro
Hallo, auch wir hatten überlegt, Kartoffeln anzupflanzen, zumal diese aus dem eigenen Garten sehr köstlich sind. Vielen Dank für den interessanten Artikel dazu. Steffen Meier
Hallo
Die Bauern legen die Kartoffeln deshalb gleich in die Dämme, weil es mit der Technik beim nachträglichen Häufeln enorme Schäden gibt. Selbst mit den GT124 in der DDR war es fast unmöglich, die Reigen nach Aufgang erst zu häufeln.
Ein Nachteil des sofortigen Häufelns ist, daß das Unkraut auf den Dämmen schneller wächst als die Kartoffeln. Daher müssen die Dämme gehackt oder das Unkraut verzogen werden. Der Regen schwemmt die Dämme ebenfalls ab. Somit muß nochmal nachgehäufelt werden.
Im Garten wird daher erst gepflanzt, dann mit der Hacke Unkraut beseitigt und wenn die Kartoffeln ca Handhoch aufgegangen sind, mit dem Häufelpflug angehäufelt.
Zur Unkrautbekämpfung wird in der Landwirtschaft dann mit Schmalspurreifen in den Dämmen chemisch „gehackt“
Das sofortige Häufeln im Garten bedingt einen höheren Arbeitsaufwand in der weiteren Pflege.
Andreas
Das müssen einfach Rekordernten werden, wenn jede einzelne Saatkartoffel so liebevoll im Eierkarton gehätschelt wird. Und dann das tiefkrümelig aufgarbeitete Pflanzbeet – einfach ein Gedicht.
Schätze mal, dass für deine staunenswerte Acker-Hellebarde eine abgeschossene Spitfire (so etwa Anno ’41) ihre Haut hat lassen müssen.
Lieber Ralf!
Nur, um Dein Bild der „neueren Baujahre“ ein bisschen zu…hmmm…verbessern, oder – um es neutral zu formulieren- korrigieren: ich bin ein ebensolches und lese dennoch immer wieder gerne Deinen Blog! Den ganzen Artikel! Ich kaufe mir meine Freizeitlektüre auch nach wie vor ausschließlich in einer Version, die man festhalten und einstecken kann! Wo jedes Exemplar ein bisschen anders riecht, das man auch verborgen und verschenken kann und wo ich immer sooo aufpasse, keinen Knick in den Rücken zu machen! Du siehst, noch ist nicht alles verloren! 🙂
Ganz liebe Grüße!
Resi
Also bitte! Jetzt muss ich doch mal den Empörer spielen 😉
Ich bin jetzt mit Jahrgang ’86 bestimmt nicht alt genug um die Nachkriegsjahre miterlebt zu haben, aber lesen muss schon sein! Und nebenbei angemerkt sei hier, dass sowohl Blog als auch VLog eine Inspiration für mich darstellen. Leider fehlt derzeit noch der Garten um mich so weit wie möglich auszutoben.
Hallo Ralf,
ich wundere mich gerade etwas, vielleicht hab ich es auf dem Video auch nicht richtig gesehen. Normalerweise wird der Anhäufer nur für das anhäufen benutzt. So jedenfalls haben wir das früher (mit einem kleinen Traktor) immer gemacht.
Ich hätte jetzt deinen Anhäufer nur dazu benutzt, zwischen den Saatreihen hindurch zu ziehen. Also nur einmal durchziehen.
Aber wie du schon gesagt hast, es gibt viele Wege nach Rom 🙂
P.S. Ich habe meine Kartoffeln dieses Jahr in patentierte Pflanztüten gesetzt. Die Tüten werden nach und nach mit Erde nachgefüllt, das ersetzt das anhäufen.
Viel Erfolg und eine gute Ernte
Gruss
Wolfgang
Es müssen übrigens keine „patentierten Tüten“ sein. Ich pflanze die Kartoffeln auch in Säcken auf dem Balkon und da frage ich zu Beginn des Jahres immer beim nächsten Asia-Shop. Die großen Reissäcke von denen eignen sich nämlich super dafür. Dazu sehen die Säcke witzig aus und würden sonst eh nur auf dem Müll landen. Nur die Asia-Frau wundert sich wahrscheinlich heimlich, was die verrückten Europäer mit ihrem Müll wollen.