Innerlich bin ich ein zerrissener Mensch. Jedenfalls, wenn es um den Garten geht. Auf der einen Seite lebt in mir ein preussisch gepraegter Hobbygaertner, bei dem alles in militaerisch anmutender Ordnung zu stehen hat. Reihen wie bei einer Parade auf dem Roten Platz in Moskau. Mit grossen und kleinen Pflanzen, jede nach ihren Beduerfnissen. Da darf kein Unkraut wachsen. Alles, was da nicht hingehoert, muss weg. Fehlt nur noch die Marschmusik um dem Gemuese den Takt zu blasen.
Auf der anderen Seite lebt aber auch ein ziemlicher „Schlunz“ in mir. Wer den Ausdruck nicht kennt: als einen Schlunz bezeichnet man bei uns in der Gegend einen Menschen, der seine taeglichen Geschaefte nicht wirklich geregelt bekommt. Reihe gerade? Ach, die kann auch wie ein Flitzebogen aussehen. Unkraut? Ach, die wollen doch auch nur leben. Schaedlinge? Ach was, die Natur wird es schon regeln.
Ich teile das Gartenjahr
Ich kann Ihnen sagen, als ambitionierter „Moechtegern Selbstversorger“ steckt man da ab und an ziemlich in der Zwickmuehle. Hin und her gerissen zwischen preussischer Ordnung und dem dringenden Wunsch, auf der Couch zu liegen und Gott einen guten Mann sein zu lassen. Irgendwie habe ich da aber mit mir selbst einen Frieden geschlossen. Zu Beginn des Jahres ueberwiegt der preussische General in mir. Kommt erst einmal die Sommerzeit mit all ihren Verpflichtungen und Terminen, erlangt immer mehr der Schlunz die Oberhand, bis er dann gegen Ende der Saison den Preussen vollends in die Kaserne verbannt hat, wo er sich dann wieder auf den naechsten Krieg vorbereitet. 🙂
Auch ein Schlunz hat mal ein Erfolgserlebnis
Jetzt koennte man meinen, der Schlunz in mir mache viele Anstraengungen des Generals zunichte. Ist auch so. Ein gewisser Teil der Ernte geht immer an die Goetter. Ist mein kleines Opfer, dass ich so erbringen muss.
Aber nicht immer muss der Schlunz in mir nur fuer Misserfolg stehen. Manchmal, mit steigernder Tendenz, hat auch der Schlunz mal einen Erfolg zu vermelden.
Fehlt nur noch meine Computertastatur
Hatte ich doch vor einigen Jahren einmal Versuche mit Magentaspreen oder auch Baumspinat genannt, gemacht. Eine Pflanze, die ziemlich gross wird, eine huebsche Faerbung besitzt und einfach anzubauen ist. Gehoert in die Gruppe der Melde, sieht nur huebscher aus. Die habe ich angebaut und dann aussamen lassen. Ich sage ja, Schlunz. Die Folge ist, dass in meinem Garten seit Jahren an allen moeglichen und unmoeglichen Stellen im Fruehjahr kleine Magentaspreenpflanzen spriessen. Keine Ahnung wie die Samen dort hin gelangt sind und keine Ahnung wann das aufhoert. Ob auf dem Kompost, im Gewaechshaus, auf dem Hof oder im Huehnergehege. Das Zeugs spriesst ueberall. Dass noch keine Pflanze auf meiner Computertastatur waechst, grenzt an ein Wunder. 🙂
Alles eine Frage des Blickwinkels
Der Preusse wuerde sich jetzt wieder bitterlich beklagen. Gehoert da nicht hin, falsche Einheit an der falschen Front. Da sieht der Preusse in mir die Welt allerdings ein wenig zu militaerich gruen. Der Schlunz weiss naemlich, wie man auch diese Tatsache sinnvoll nutzen kann. Denn, Magentaspreen ist ja nun eine Nutzpflanze, die essbar ist. Nicht wie viele andere der wachsenden Plagegeister im Garten, die sich breit machen, wenn man nicht aufpasst.
Die Kunst besteht einfach darin, das Chaos zu beherrschen und auch daraus noch einen Nutzen zu ziehen. Lass sie doch wachsen, ruft der Schlunz in mir. Wenn sie gross genug sind, kannst du sie doch ernten und aufessen. Hast du gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Du hast was auf dem Teller und die Pflanzen, die da eigentlich wachsen sollen, haben danach den Platz, den sie brauchen.
Da laeuft Ihnen das Wasser im Mund zusammen
Und genau das moechte ich Ihnen in meinem heutigen Video einmal zeigen. Wie ich aus einem scheinbaren groben Patzer noch einen Erfolg mache. Ich sammele eine Portion Magentaspreen und bereite mir ein leckeres Mittagessen draus. Ohne dass ich dafuer auch nur einen einzigen Finger haette krumm machen muessen.
Ich sage ja, auch der Schlunz in mir hat mal einen Erfolg zu verzeichnen. 🙂